gepostet am 29. März 2024
Mit unzähligen Superlativen wird sie gerne geschmückt, die Haute Route. Sicherlich ist diese Skidurchquerung von Chamonix nach Zermatt eine der ganz großen Touren in den Alpen. Sechs Etappen durch eine mächtige Gletscherwelt. Vorbei an großen, namhaften Gipfeln, lange Abfahrten über endlose Gletscher.
Wir wollen sehen, ob die Fülle an Superlativen zutrifft und machen uns auf den Weg.
Die erste Etappe führt uns auf die Argentiere-Hütte. Frischer Pulver erwartet uns auf der ersten Abfahrt, dann der Aufstieg durch das Argentiere-Becken zur Hütte. Vorbei unter den ganz großen Eiswänden Aiguille Verte, Les Droites …
Über drei Pässe soll uns die Etappe nach Champex bringen. Wir überschreiten den Col du Passon und den Col du Tour und zuletzt den Col des Escandies. Immer wieder die Ski auf den Rucksack schnallen und Steigeisen anlegen. Die letzten Meter sind meist sehr steil, Dazwischen lange Glescherquerungen.
Am Ende des Tages erwartet uns eine lange, traumhafte Abfahrt ins Skigebiet Champex. Von dort aus mit dem Shuttle nach Bourg Saint Pierre. Zuerst einmal ein Bier genießen und dann ab unter die Dusche.
Der Wetterbericht ist schlecht. Wir aber sind voller Motivation und wollen es zumindest versuchen. Also steigen wir zur Cabane de Valsorey auf und hoffen, dass der Wetterfrosch falsch liegt.
Aber leider, er hat recht. Als wir vom Schneesturm geweckt werden wissen wir; wir müssen die Tour abbrechen. An ein weiterkommen ist nicht zu denken, abwarten hat laut Wetterbericht keinen Sinn. Schweren Herzens beschließen wir, die Tour zu unterbrechen und es im nächsten Winter erneut zu versuchen.
nächster Versuch
Es ist fast genau ein Jahr her, als wir uns hier im Regen verabschiedet haben. Jetzt gibt es eine freundliche Begrüßung - wieder im Regen. Aber der Wetterbericht verspricht ein paar schöne Tage und wir wollen die Chance nutzen.
Doch die Haute Route wehrt sich und wir beschließen, die Routenführung abzuändern. Zu viel Schnee in der steilen Südflanke unter dem Grand Combin macht uns Angst.
Wir wechseln nach Arolla und steigen zur Cabane des Dix auf. Und weil wir noch Zeit haben und weil es gerade geschneit hat erklimmen wir noch La Luette, ein schöner Skigipfel oberhalb der Hütte, mit einer fantastischen Abfahrt.
Weiter geht es über den Pigne d’Arolla zur Cabane de Vignettes. Hier hat sich 2018 ein dramatisches Unglück abgespielt. Eine Skitourengruppe verirrte sich in einem Schneesturm. Sie konnten den Weg zur rettenden Hütte nicht finden, 7 Personen starben.
Wir können es kaum glauben, sehen wir doch schon von weiten die Cabane de Vignettes. Aber es ist wolkenlos, windstill, warm - traumhaft.
Wir möchten uns nicht ausmalen, mit welcher Wucht die Natur damals zugeschlagen hatte. Wie klein sind wir Menschen doch in dieser riesigen Bergwelt, wie schutzlos sind wir den Naturgewalten ausgesetzt.
Am nächsten Morgen spüren wir, dass es auch anders geht. Es schneit. Es stürmt. Eigentlich wollten wir heute bis nach Zermatt gelangen, daran ist nicht zu denken. Wir organisieren noch eine Unterkunft, die Cabane de Bertol, fahren nach Arolla ab und steigen zu ihr auf.
In Nebel und stärker werdenden Schneefall erklimmen wir die Eisen-Leitern, die zur Hütte führen.
Zum Glück ist die Schlecht-Wetter-Front bald vorüber gezogen und wir können am letzten Tag unseres Abenteuers planmäßig auf die Tete Blanche Steigen. Der letzte Anstieg. Von dort aus geht es nur noch Bergab. Zwischen Gletscherbrüchen hindurch, unter Dent Blanche und Matterhorn vorbei bis nach Zermatt.
Welch eine Tour. Die Superlative stimmen. Unsere Laune auch, als wir, die Ski geschultert, durch Zermatt laufen.